Die Waldbewohner stehen zunehmend unter Druck

Projekt
Burghölzli

Noch bis vor kurzem war es den Rehen möglich, zwischen dem Burghölzliwald, dem Rebberg, dem Wynegg- Gelände und den umliegenden Grossgärten zu zirkulieren. Nun ist Schluss, es gibt die Rehe nicht mehr.

Es hat sich schon länger angekündigt, was nun eingetroffen ist: die Besonderheit, in solcher Stadtnähe auf dem Spaziergang Rehen begegnen zu können, hat immer grosses Erstaunen bei den BesucherInnen ausgelöst. Ihr Lebensraum war viele Jahre weitgehend ungestört. Der ehemalige Gärtnermeister der PUK, Kurt Zurbrügg, schaute zu den Rehen und hielt Störungen im Wald fern. Josef Hammer, der über 30 Jahre als Gärtner in der PUK gearbeitet hatte und weiterhin in der Nähe wohnt, kennt die Rehe und weiss über ihre Angewohnheiten, aber auch über andere Tiere Bescheid. Wo sie sich aufhalten und wie es ihnen geht. Fabian Kern, der Wildhüter, kann zu jeder Zeit kontaktiert werden, wenn Fragen sind oder etwas Beunruhigendes beobachtet wird. Und der Winzer Nik Zeljkovic drückt beide Augen zu, wenn die Rehe an den Trieben seiner Reben knabbern. GartenbesitzerInnen versuchten bisweilen, im Frühling die Rehe mit im Wind scheppernden Bändern fernzuhalten, um ihre Rosenpracht zu schützen. Gesamthaft aber waren die Rehe eine grosse Bereicherung und ein Zeichen, dass hier das Zusammenleben von Menschen und Tieren möglich ist. Die Quartierbevölkerung, sensibilisiert für diese lokalen Besonderheiten, setzte sich dafür ein, dass es so blieb.

Nicht schwer zu erraten, was den Tieren das Leben zunehmend schwerer machte. Einerseits die rege Bautätigkeit von Klinik- und Wohngebäuden um den Burghölzlihügel. Andererseits die Zunahme der BesucherInnen, welche sich gerne in ihrer Freizeit in diesem Gebiet aufhalten. Vor drei Jahren wurde der Burghölzlihügel durch einen Spazierweg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Leider ohne die nötigen flankierenden, von Kanton, Stadt und PUK koordinierten, Massnahmen und ohne die Zusammenarbeit mit den Ortskundigen. So wurden weder Besucherlenkung noch klare Regeln für Hundehalter und Velofahrer kommuniziert und durchgesetzt. (Bericht Züriberg Nr.3 Jan.2020) Dadurch gerieten die Tiere zunehmend unter Druck. Ein Böcklein musste vor 2 Jahren in einer aussichtslosen Situation, verletzt und gehetzt von einem freilaufenden Hund, durch den Wildhüter erlöst werden (Bericht Kontacht 247/2018 und Züriberg Nr.23 Juni 2018). Ein solches Schicksal wollte der Wildhüter den drei Rehen, einer alten kranken Rehgeiss (zum Glück nicht trächtig) und zwei Böcklein, die bis vor kurzem noch dort oben lebten, ersparen, indem er sie erlegte. Zu eng war ihr Lebensraum geworden, zu gefährlich – immer grösser das Risiko, von Menschen abseits der Fusswege und von unangeleinten Hunden gehetzt und verletzt zu werden. Aktuell, in Coronazeiten, sind es noch viel mehr Menschen, die in die Lebensräume der Wildtiere eindringen. Nicht alle sind ortskundig und rücksichtsvoll unterwegs, und wenn die Tage länger werden, wird sich die PUK überlegen müssen, wie sie ihre KlientInnen vor diesem Ansturm schützen wollen. Das Littering hat ebenfalls extrem zugenommen. Wie kann man es nur zulassen, dass sich dort oben in der Dunkelheit des PUK-Waldes ein derart rechtsfreier Raum entwickeln konnte!

Besorgte QuartierbewohnerInnen, die schon lange vor einer solchen Entwicklung warnten, wurden meist mit unbefriedigenden Antworten abgewimmelt, weil sich niemand für zuständig erklären wollte. Es ist jetzt höchste Zeit zu handeln, um die unerwünschte Entwicklung zu stoppen, das Gebiet soll wieder den achtsamen FussgängerInnen und den tierischen Waldbewohnern vorbehalten sein.

Dieses Ereignis mit den Rehen mag für sich allein gesehen klein und unbedeutend erscheinen, es steht aber stellvertretend für etwas Grosses, nämlich den sinn- und gedankenlosen Verdrängungsprozess der Natur, der nicht nur in dieser Gegend stattfindet.

Rehbeobachtungen um den Burghölzlihügel

©Christine Dobler Gross 

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Am 1. Juli 2013 wurde die Sensengruppe im Anschluss an einen Sensenkurs im Obstgarten des Quartierhofs Wynegg gegründet, die Idee dazu entstand aus einem WWF-Projekt heraus.
10 Jahre später wurde die Gruppe vollständig in NimS integriert.