Familiengarten Wehrenbach

Vor einem Jahr startete Philipp Heller mit der Erhebung der Wildbienenvorkommen im Familiengarten Wehrenbach im Rahmen seiner Bachelorarbeit. Damals hatten weder er noch wir damit gerechnet, dass die Ergebnisse so erfreulich sein werden. Was er alles gefunden hat und wie wir zusammen mit den PächterInnen die Wildbienenvorkommen im Familiengartenareal fördern, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Im letzten Blogbericht über die Familiengärten Wehrenbach hatten wir berichtet, wie es dazu kam, dass Philipp Heller für seine Bachelorarbeit die Wildbienen im Familiengartenareal Wehrenbach untersucht. An acht Tagen zwischen März und Oktober 2019 streifte Philipp durch das Familiengartenareal und versuchte möglichst alle Wildbienen zu erfassen. Ende 2019 lagen die Ergebnisse vor und sogar Wildbienenexperten waren erstaunt, wie gross die Artendiversität in diesem Familiengartenareal ist. Philipp fand 111 verschiedene Wildbienenarten, das entspricht mehr als der Hälfte der Stadtzürcher Arten. Zwei Arten konnten sogar zum ersten Mal in der Stadt Zürich nachgewiesen werden! Knapp die Hälfte der über hundert Arten können als gefährdet oder lokal selten eingestuft werden und sind aus diesem Grund naturschutzrelevant. Hier könnt ihr die Bachelorarbeit herunterladen. 

Wildbienen brauchen, wie die meisten Tierarten, primär zwei Ressourcen: Einerseits Nahrung für sich und den Nachwuchs und andererseits Strukturen, in denen sie nisten können. Für beide Ressourcen gibt es bei den Wildbienen zum Teil starke Spezialisierungen. Gewisse Wildbienen sind beispielsweise auf eine einzige Pflanzengattung spezialisiert. Die Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) sammelt den Pollen zur Versorgung des Nachwuchses nur auf dem Natternkopf und die Lauch-Maskenbiene (Hylaeus punctulatissimus ) sammelt ausschliesslich auf der Gattung Allium. Andere Arten wie die Gewöhnliche Dörnchensandbiene (Andrena humilis) ist auf die Familie der Körbchenblütler (Asteraceae) spezialisiert. Für diese spezialisierten Arten ist es essentiell, dass ihre Blüten in genügend grosser Menge vorhanden sind. Ganz allgemein profitieren Wildbienen von einem grossen, diversen und kontinuierlichem Blütenangebot. Neben der Spezialisierung auf gewisse Blüten haben Wildbienen auch spezifische Ansprüche an die Niststrukturen. Diesbezüglich werden die Wildbienennisthilfen aus angebohrtem Holz eher überschätzt. Darin nisten meistens nur einige häufige Arten. Sie bieten uns aber eine super Möglichkeit, um die Wildbienen zu beobachten und Kinder auf das Thema aufmerksam zu machen. Sofern sie richtig gebaut sind, kann eine solche Wildbienenhilfe also ein guter Start sein. Aus Naturschutzsicht sind allerdings andere Fördermassnahmen (Niststrukturen für Wildbienen) wichtiger. Fast drei Viertel aller Wildbienenarten nisten nämlich im Boden. Selbstverständlich gibt es da auch wieder unterschiedliche Präferenzen bei der Substratwahl. Daneben gibt es weitere Arten, welche in weissfaulem Totholz, markhaltigen Stängeln, Spalten oder sogar Schneckengehäusen nisten.

Für die meisten Arten sind die beschriebenen Präferenzen und Spezialisierungen bekannt. So konnte Philipp anhand seiner Artenliste Aufwertungsmassnahmen vorschlagen. Der Fokus lag dabei auf den naturschutzrelevanten Wildbienenarten, schlussendlich profitieren aber alle Arten von den Massnahmen. Auf dem folgenden Bild sind die Massnahmen zusammengefasst. Details können in der Bachelorarbeit nachgelesen werden. 

 

Zur Umsetzung der vorgeschlagenen Aufwertungsmassnahmen konnten wir Philipp einen Auftrag geben. Geplant war zum einen ein Arbeitseinsatz zur Erstellung einer Beispielfläche, auf der wir zeigen, mit welchen Elementen man Wildbienen auf der eigenen Gartenparzelle fördern kann. Und zum anderen ein Aktionstag, um die Pächterinnen und Pächter beraten zu können, wie sie die Wildbienen auf ihrer Pachtfläche fördern können. Leider mussten wir den Aktionstag auf Grund des Veranstaltungsverbots des BAG absagen. Wir versuchten das beste aus der Situation zu machen und erstellten zusätzliches Material in schriftlicher Form. Für die GartenpächterInnen standen neben vielen Informationen auch über ein Dutzend verschiedene Pflanzensetzlinge  aus der Wildstaudengärtnerei von Patricia Willi bereit. Es handelt sich dabei um Arten, welche für Wildbienen sehr wertvoll sind, aktuell im Familiengartenareal aber erst spärlich vorkommen. Sowohl die Informationen als auch die Setzlinge fanden grossen Anklang. Die über 200 Setzlinge waren durch Grün Stadt Zürich finanziert – Herzlichen Dank! – und innerhalb von wenigen Tagen in die Gartenparzellen verpflanzt. Zudem stehen ein Haufen mit Wandkies, sowie ein Sandhaufen für die PächterInnen bereit (Dokument Substrate). Das Wandkies kann verwendet werden, um eine kleine Trockenfläche anzulegen, in der verschiedene Wildbienenpflanzen besonders gut gedeihen. Der zur Verfügung gestellte Sand ist speziell für die Anlage einer Sandlinse oder eines Sandhaufens gedacht. Es ist ein sehr geeignetes Substrat, um bodennistende Wildbienen zu fördern. Die Sandlinse sollte mindestens 40cm tief sein, die Breite ist weniger wichtig. Ausserdem sollte eine sonnige Stelle gewählt werden.

 

Während der Aktionstag leider nicht wie geplant durchgeführt werden konnte, war die Umsetzung weiterer Fördermassnahmen möglich. Mit der Unterstützung durch Urs Reiter und sein Team erstellten wir eine Wildbienenförderfläche. Von Totholzstrukturen in unterschiedlichsten Formen, über markhaltige Pflanzenstengel, zu Sandlinsen und Ruderalflächen mit Wildbienenpflanzen kommen so auf kleinster Fläche etliche Wildbienenförderelemente zusammen. In besonntem Totholz bohrten wir Löcher mit unterschiedlichem Durchmesser (3 – 10mm) und in die Wiesenflächen pflanzten wir Setzlinge von Pflanzen, welche für Wildbienen sehr wertvoll, bisher aber kaum vorhanden sind.

 

Neben der Wildbienenerhebung durch Philipp fand im Jahr 2019 auch eine Erhebung der Gelbbauchunken und Zauneidechsen statt. Beide Arten stehen auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten, kommen aber im Familiengartenareal Wehrenbach noch vor und können gezielt gefördert werden (Dokument). Beide Arten sind auf Versteckstrukturen angewiesen. Dies können Stein- oder Asthaufen, Trockensteinmauern, Holzbeigen, Asttristen oder ähnliche Strukturen sein. Um insbesondere die Zauneidechse vor Katzen zu schützen, können die Strukturen mit dornigen Ästen belegt werden. Die Gelbbauchunke braucht neben Versteckstrukturen auch kleine Gewässer für die Fortpflanzung. Es sind bereits einige Kleingewässer vorhanden und erfreulicherweise auch von Unken besiedelt. Weitere wären aber auf jeden Fall sinnvoll. Interessierte PächterInnen können sich gerne bei uns für eine Beratung melden!

Am Arbeitseinsatz erstellten wir für die Zauneidechse eine Asttriste. Diese Kleinstruktur benötigt nur wenig Platz und kann deshalb auch auf einer Gartenparzelle angelegt werden. Am Rand der ausgewählten Fläche schlägt man mehrere Holzpfosten ein und füllt anschliessend die Fläche dazwischen mit Ästen und trockenen Stauden. Eine Solche Triste bietet tolle Versteckmöglichkeiten für verschiedenste Tiere und kann auch als Abgrenzung zum Nachbarn oder zwischen zwei Flächen erstellt werden. Für die Gelbbauchunken erstellten wir an einer nassen Stelle in der Wiese zwei Kleingewässer. Durch das Hangwasser füllten sich diese automatisch mit Wasser. Nun hoffen wir, dass sie von den Unken gefunden und angenommen werden.

 

Zum Schluss möchten wir uns ganz herzlich bei Doris Dietlicher, der Präsidentin des Pachtvereins, für die grosse Unterstützung bedanken. Ausserdem geht ein Dank an Pächterinnen und Pächter, bei denen wir Material ausleihen durften! Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei Grün Stadt Zürich für die Finanzierung des Materials für den Aktionstag. Und zuletzt herzlichen Dank an alle Pächterinnen und Pächter, welche ihr Interesse für die Wildbienen-, Unken- und Zauneidechsenförderung gezeigt haben und uns mithelfen, dieses besonders wertvolle Familiengartenareal zu erhalten und die vorhandene Biodiversität zu schützen und fördern!

Fotos: Christine Dobler Gross und Jonas Landolt

 

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