Je diverser, desto besser!

Gärten Wehrenbach

Spinnen denn die? Ein Mähschnitt Ende April mag irritieren. In der Folge wird erklärt, weshalb wir genau das bei den Wiesen in den Familiengärten Wehrenbach gemacht haben.

Die allermeisten Naturschutzwiesen werden im Mittelland nach dem 15. Juni gemäht. Dieses Datum wurde unter anderem eingeführt, damit möglichst alle Kräuter versamen können und andererseits wollte man verhindern, dass die Nester der Feldlerche und anderer Wiesenbrüter vermäht werden. Der 15. Juni ist dann auch das Datum, ab dem Landwirte die extensiv genutzten Wiesen (Biodiversitätsförderflächen) mähen dürfen. Insbesondere etwas nährstoffreichere Wiesen dürfen teilweise bereits ab dem 25. Mai gemäht werden.  Diese Vorgaben führen dazu, dass in der ersten Schönwetterperiode nach dem 15. Juni ein Grossteil der Wiesen im Mittelland gemäht wird. 

Was bedeutet das für Wildbienen und andere Insekten, welche auf ein Blütenangebot angewiesen sind? Akuter Nahrungsmangel! Die Wiesen, welche nach dem 25. Mai gemäht wurden, sind bis dann noch nicht nachgewachsen. Bis ein einigermassen gutes Blütenangebot wieder hergestellt ist, geht es je nach Wetter mindestens 4 oft eher 6 Wochen. Aus diesem Grund macht es absolut Sinn, gewisse Wiesenteile zwischen Mitte und Ende April zu mähen. Denn diese Wiesen werden im Juni blühen, wenn die restlichen Wiesen geschnitten werden.

 

Ende Juli blüht der am 23. April gemähte Wiesenteil wieder sehr schön. Im Teil der erst im Juli gemäht wird blüht eine Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa).

Der Schnitt zu diesem Zeitpunkt bringt noch einen weiteren Vorteil: Verschiedene Vogelarten sind darauf angewiesen, dass es offene Bodenstellen hat oder die Wiese teilweise gemäht ist. Für Arten wie den Gartenrotschwanz, den Grünspecht oder den Neuntöter bringt eine Wiese voller Insekten kaum etwas, denn die Insekten darin sind für sie nicht verfügbar. Sie brauchen gemähte oder offene Bereiche! 

Die Wiese gar nicht oder nur einmal zu mähen ist übrigens auch keine Lösung. Der Schnittzeitpunktversuch der Agrofutura zeigt, dass die meisten Wiesen im Mittelland mindestens zweimal gemäht werden müssen, da sonst das Gras überhand nimmt und die Kräuter verdrängt. Wichtig ist aber natürlich, dass bei jedem Schnitt 10% der Wiese als Rückzugsstreifen stehen bleibt und auch so in den Winter geht.

Beim Sense-Einsatz in den Wiesen der Familiengärten Wehrenbach haben wir vor allem die sehr grasreichen und nährstoffreichen Bereiche am vergangenen Freitag gemäht. Wir erhoffen uns, dass die Kräuter profitieren und dass wir die Bereiche etwas ausmagern können. Aber auch in den Trespenwiesen haben wir kleinere Bereiche gemäht, welche dann beim nächsten Schnitt stehen bleiben. Gemäht wurde durch Freiwillige der Sensegruppe Zürich. Herzlichen Dank!

Der Beitrag von Kapfer (2010) zeigt, dass eine Nutzung der Wiesen im April früher sehr verbreitet war. Bei der “Frühjahrsvorweide” frass das Vieh den ersten Aufwuchs ab, bevor es auf die Alp zog. Wir sollten uns wieder verstärkt an dieser historischen Nutzung orientieren und unsere Wiesen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mähen, damit ein kontinuierliches Blütenangebot entsteht und Vögel geeignete Futterstellen in den Wiesen finden. Als Alternative zur Mahd sollten wir aus Naturschutzsicht auch sehr extensive Beweidungsformen vermehrt in Betracht ziehen. Denn dadurch entsteht eine sehr heterogene Wiese mit einem kontinuierlichen Blütenangebot. An einem Vortrag der Entomologischen Gesellschaft Zürich hat Herbert Nickel diese Form der Landschaftspflege vorgestellt. Der Vortrag gibt interessante Denkanstösse und kann hier nachgehört werden.

Ein früher erster Schnitt hat verschiedene Vorteile!

© Jonas Landolt

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