Honigbienen und Wildbienen – wie gut vertragen sie sich?

Projekt
Burghölzli

NimS und die Sensengruppe Zürich engagieren sich seit über 10 Jahren dafür, dass es um den Burghölzlihügel ein grösseres Blütenangebot gibt. Dieses soll bedrohten Wildbienen und weiteren Insekten zu Gute kommen. NimS sieht sich immer wieder mit direkten und indirekten Anfragen von Imker*innen konfrontiert, welche ihre Honigbienenvölker auf Flächen in unserem Projektperimeter aufstellen möchten.

Warum sollen nicht auch Honigbienen (bzw. Imker*innen) von unseren Bemühungen zur Wildbienenförderung profitieren?

Kurz: Imkerlich genutzte Honigbienen sind eine Nahrungskonkurrenz für Wildbienen und das ist mittlerweile wissenschaftlich sehr breit abgestützt (Details und Studien auf www.igwildebiene.ch). Je kleiner das Blütenangebot und je grösser die Honigbienendichte, desto grösser die Konkurrenz. Es kann nicht sein, dass wir mit viel Aufwand und Engagement neue Blühflächen schaffen und mit Freiwilligen pflegen, damit dann Imker*innen bzw. deren Honigbienen davon profitieren, ohne dass die Imker*innen selbst für ein Blütenangebot sorgen.

Eine ausführlichere Erklärung kann im folgenden Frage & Antwort Dialog nachgelesen werden.

 

Wildbienen- und Honigbienenhaltung haben doch die gleichen Ziele!?

Es ist wichtig verschiedene Themen nicht zu vermischen:

Wildbienenförderung = Natur- und Artenschutz beziehungsweise Biodiversitätsförderung

Honigbienenhaltung = Hobby und kommerzielle Nutzung.

Die imkerlich genutzte Honigbiene ist ein Nutztier und hat nichts mit Biodiversität zu tun! Vergleichbar mit Kühen, welche wir zur Milch und Fleischproduktion nutzen, halten wir Honigbienen zum Honig- und Wachsgewinn und teilweise für Bestäubungsleistungen. Die Bestäubungsleistung der Honigbiene wird aber tendenziell überschätzt. Wildbienen sind mehrfach nachgewiesen die effizienteren Bestäuber und es ist uns keine Wildpflanze bekannt, welche auf die Bestäubung durch Honigbienen angewiesen wäre. Im Unterschied dazu sind etliche Wildpflanzen auf die Bestäubung durch Wildbienen angewiesen.

Honigbienen und Wildbienen kommen sich doch gar nicht in die Quere, weil sie vom Körperbau her nicht dieselben Pflanzen anfliegen können, andere Raum-, Sammel- und Aktivitätsmuster haben.

Diese Aussage stimmt so nicht: Honigbienen können nicht alle Blumentypen besammeln. Gewisse Blüten können nur von Wildbienen bestäubt werden, sind also auf diese angewiesen. Es gibt aber einen grossen Überschneidungsbereich von Blüten, welche sowohl von Honig- wie auch von Wildbienen besammelt werden. Insbesondere, wenn das Blütenangebot knapp ist, gibt es um diese Blüten eine Konkurrenz. Die polylektische Honigbiene kann problemlos auf andere Blüten ausweichen. Die oligolektischen Wildbienenarten (10% auf eine Pflanzengattung und 30% auf eine Pflanzenfamilie) können hingegen nicht ausweichen und finden dann einfach zu wenig Nahrung. Und wenn das Blütenangebot knapp ist, können auch polylektische Wildbienen nicht ausweichen.

Ein Problem gibt es doch erst, wenn man 20-50 Bienenvölker hinstellen würde. 5 bis 10 Völker sind doch unbedenklich.

Machen wir eine kurze Rechnung mit 5-10 Völkern. Wenn wir von einer Bienenvolkgrösse von 50’000 Arbeiterinnen ausgehen, sind das 250’000 bis 500’000 Honigbienen! Oder anders gerechnet: Eine Studie (Cane & Tepedino, 2017) aus den USA zeigte, dass 1 Honigbienenvolk die Menge an Pollen sammelt, welche für ungefähr 100’000 Wildbienennachkommen benötigt würden. Und noch eine dritte Rechnung: Für einen Nachkommen muss ein Wildbienenweibchen je nach Art mehrere Hundert bis Tausend Blüten absammeln (ohne Konkurrenz durch andere Arten). Rechnen wir konservativ mit 100 Blüten. Ein Weibchen sollte etwa 20 Nachkommen produzieren. Wir sind also bei 2000 Blüten. Für die Mindestgrösse für eine kleine selbsterhaltende Population wird in der Naturschutzbiologie häufig mit 50 Weibchen gerechnet. Das sind dann also konservativ gerechnet 100’000 Blüten für eine kleine Population einer Art. Um den Burghölzlihügel kommen aber über 100 Wildbienenarten vor! Diese Zahlen zeigen doch sehr deutlich, dass die Wildbienen auf ein grosses Blütenangebot angewiesen sind und dass bereits ein Honigbienenvolk sehr viele Blütenressourcen braucht.

Mit dem Verein Natur im Siedlungsraum fördern wir seit über 10  Jahren mit viel Engagement und Zeit die Wildbienen. Unterdessen haben wir Tausende Franken zur Wildbienenförderung und Vergrösserung des Blütenangebots investiert. Von diesen Aufwertungen sollen primär die Wildbienen und weitere wilde Insekten und nicht die als Nutztier gehaltenen Honigbienen profitieren. Die Dichte an Honigbienenständen um den Burghölzlihügel und in der Stadt Zürich ist bereits (zu) hoch. Deshalb wehren wir uns gegen zusätzliche Honigbienenvölker und verlangen von der Imkerschaft, dass sie selbst zusätzliche Blühflächen schafft und finanziert.

Unter dem folgenden Link findet sich eine Zusammenstellung von Argumenten:

IG Wilde Biene – Konkurrenz Honigbienen

Hier sind 12 Studien zur Konkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen zusammengefasst.

Text: Jonas Landolt
Fotos: Christine Dobler Gross

Möchtest du mehr über unsere Projekte erfahren? Melde dich beim Newsletter an.

Unsere neusten Artikel

Streifenwanze

Streifenwanze

In einem dritten Blogartikel der Serie “Tiere am Burghölzli-Waldrand” stellt Stefan Ineichen mithilfe von Fotos von Nadja Baumgarter die Streifenwanze vor.

Senseneinsätze im Frühling 2024

Senseneinsätze im Frühling 2024

Die ersten Senseneinsätze in diesem Jahr waren vom wechselhaften Wetter beeinflusst. Das nasse, aber eher warme Wetter liess das Gras schon früh in die Höhe spriessen und erzeugte viel Schnittgut. Die flache Druckverteilung über ganz Europa mit häufigen Südwest-Strömungen sorgte für kaum voraussagbare trockene Phasen.

Stadtbäume

Stadtbäume

Der Landschaftsarchitekt Daniel Keller bietet für NimS einen Spaziergang zum Thema Stadtbäume an.