Der Weg zur artenreichen Blumenwiese

Projekt
Burghölzli

Wie kommt man von einer artenarmen, grasreichen Wiese zu einer schönen Blumenwiese. In dieser Anleitung erklären wir es Schritt für Schritt.

Das hier beschriebene Vorgehen eignet sich primär für bereits bestehende grasreiche und blütenarme Wiesen. Grundsätzlich kann das Vorgehen auch genutzt werden, um einen Rasen in eine Blumenwiese umzuwandeln. Allerdings fehlen uns diesbezüglich die Erfahrungen und wir würden eher empfehlen die Grasnarbe gleich zu entfernen. Eine Wiese die bereits eine schöne Blumenvielfalt aufweist, kann durch das Pflanzen von “fehlenden” Arten ergänzt werden. Mehr dazu am Ende des Artikels.

Die nachfolgend beschriebene Methode eignet sich vor allem für kleinere Flächen und Standorte, an denen nicht geackert werden kann. In der Landwirtschaft beginnt die Aufwertung und Anlage von Blumenwiese durch das Pflügen der Fläche. Eine entsprechende Anleitung ist hier verlinkt.

Das “Übersäen” einer bestehenden Wiese ohne ein Abdecken oder Pflügen funktioniert kaum, weil die Dominanz der bestehenden Vegetation zu gross ist. Damit die Aufwertung gelingt, müssen die nachfolgenden Schritte genau beachtet werden. 

1) Auswahl des Standorts: Der Standort sollte möglichst gut besonnt und in den vergangenen Jahren sollte kein Dünger eingebracht worden sein. Damit sich die Blumen von der Aufwertungsfläche in die umliegende Wiese ausbreiten können, muss diese an einem Hang im oberen Teil liegen.

2) Vorbereitung des Standorts: Die bestehende Wiese muss vor dem Abdecken in diesem Bereich tief gemäht werden.

3) Abdecken mit Bändchengewebe/Unkrautfolie: Um die bestehende grasreiche Vegetation zu entfernen, hat sich das Abdecken mit Bändchengewebe sehr bewährt. Durch das Abdecken stirbt die Vegetation darunter ab, ohne dass der Boden bearbeitet wird. Dadurch verhindert man einerseits eine Nährstoffmobilisierung, die ein ungewünschter Nebeneffekt der Bodenbearbeitung ist. (Je weniger Nährstoffe vorhanden sind, desto höher ist die Chance auf eine artenreiche Blumenwiese.) Andererseits keimen auch weniger ungewünschte Arten wie Blacken oder Hirsen. Das Abdecken erfolgt optimalerweise bereits im Spätherbst. Man kann aber noch bis anfangs März Flächen abdecken, später im Jahr empfehlen wir allerdings nicht. Zum Abdecken verwendet man optimalerweise ein schwarzes, wasserdurchlässiger Bändchengewege/Unkrautflies/Unkrautfolie. Mögliche Bezugsquelle oder im Gartencenter erhältlich. Wir besitzen einzelne Bändchengewebe, die von Personen im NimS-Perimeter um den Burghölzlihügel bei Verfügbarkeit ausgeliehen werden können. Das Gewebe sollte mit schweren Steinen, Bachsteinen oder langen Nägeln und Brettchen gut befestigt werden.

 

Abgedecktes Bord an der Ecke Enzenbühlstrasse – Familiengärten Lengg.

4) Vorbereitung Saatbeet: Das Bändchengewebe sollte bis etwa Ende April auf der Fläche bleiben. Falls erst anfangs März abgedeckt wurde, kann ab Ende April nachgeschaut werden, ob die Vegetation bereits abgestorben ist. Falls nicht, sollte das Gewebe bis Mitte/Ende Mai liegen bleiben. Wenn fast alles abgestorben, kann das Gewebe entfernt werden. Mit einen Rechen werden dann einerseits die Grasreste entfernt und andererseits der Boden aufgerauht. 

Auf dem linken Foto ist die Fläche frisch abgedeckt und auf dem rechten Foto wird das Saatbeet mit Rechen vorbereitet.

 

Regelmässig verkriechen sich Kleintiere wie Blindschleichen und Erdkröten unter dem Bändchengewebe. Auf diese Arten sollte man sich also achten.

5) Auswahl Saatgut: Nach dem Aufrauhen kann direkt angesät werden. Wichtig ist das richtige Saatgut. Sofern in der Umgebung eine schöne, artenreiche Blumenwiese vorhanden ist, sollte versucht werden mit einer Direktbegrünung bzw. regionalem Saatgut zu arbeiten. Dazu sind aber Abklärungen mit den entsprechenden Bewirtschafter:innen notwendig. Weitere Infos dazu sind bei Regio Flora zu finden. Im Siedlungsraum sind leider häufig keine Spenderflächen vorhanden, weshalb auf Saatgut zurückgegriffen werden muss. Bei den Samen sollte es sich unbedingt um Schweizer Ökotypen handeln. Viele im Handel verkauften Blumenwiesen Mischungen sind ungeeignet! Wir empfehlen deshalb die Tests des Kassensturz zu beachten. Wir haben in den vergangenen Jahren vor allem mit UFA-Saatgut gearbeitet und sehr gute Erfahrungen gemacht. Allerdings ist das UFA Saatgut nur in grösseren Säcken ab 1 kg Saatgut (inkl. Saathelfer) erhältlich, weshalb wir für kleinere Flächen die Arthasamen Wildblumenwiese empfehlen.

6) Aussaat: Das Saatgut sollte möglichst gleichmässig auf der Fläche verteilt werden. Ein zu dichtes Sähen ist genauso nachteilig, wie ein zu lockeres. Deshalb ist es wichtig die Saatmenge den Empfehlungen der Hersteller anzupassen. Nach der Aussaat müssen die Samen leicht in den Boden gedrückt werden. Dazu kann man entweder über die gesamte Fläche laufen oder eine Walze verwenden.

 

Auf der Fläche am Burghölzliwaldrand Ost wird im Vordergrund angesät und im Hintergrund das Saatgut angedrückt.

7) Säuberungsschnitte: Für das Gelingen der Ansaat sind die Säuberungsschnitte entscheidend! Sobald die Vegetation 15-20cm hoch ist und bevor man nicht mehr auf den Boden sieht, sollte ein erstes Mal gemäht werden. Im Boden sind fast immer noch Samen von Arten vorhanden, die nicht angesät wurden. Es sind meist einjährige Arten und “Unkräuter”, die zuerst keimen und aufwachsen. Die Wiesenblumen und Gräser sind etwas langsamer und werden von diesen ungewollten Arten überwachsen. Ohne Säuberungsschnitt werden die ungewollten Arten dominant und es gelangt zu wenig Licht auf den Boden für die angesäten Arten. Im Ansaatjahr sollten 2-3 Säuberungsschnitt erfolgen. Dazu nutzt man am besten die Sense. Weitere Informationen zu geeigneten Mähgeräten sind auf unserer Seite zur Wiesenbewirtschaftung zu finden. Wer den Umgang mit der Sägisse (Sense) erlernen möchte, meldet sich in Zürich am besten bei der Sensengruppe für einen Sensekurs.

 

Erneut die Fläche an der Enzenbühlstrasse. Hier erfolgte der Säuberungsschnitt etwas spät. Die Borstenhirse wuchs extrem schnell auf, sodass der richtige Zeitpunkt fast verpasst wurde. Etwas früher wäre besser gewesen, aber die Ansaat kam dann doch noch gut.

8) Beurteilung: Ob die Ansaat gelungen ist oder nicht, darf erst ein Jahr nach der Ansaat beurteilt werden. Im ersten Jahr sieht die Ansaat häufig nicht sehr vielversprechend aus. Dann muss man einfach konsequent die Säuberungsschnitte machen. Nach einem Jahr ist man dann häufig überrascht, wie toll die neue Wiese aussieht.

9) Pflege ab dem 2. Jahr: Ein Jahr nach der Ansaat empfehlen wir die eine Hälfte der neuen Fläche Mitte Juni und die andere Hälfte Mitte Juli zu mähen, damit auch spät blühende Arten versamen können. Ab dem 3. Jahr (2 Jahre nach der Ansaat) können auch die von uns empfohlenen Frühschnitte im April gemacht werden. Mehr dazu auf der Seite zur Wiesenbewirtschaftung.

Die erfolgreiche Neuansaat am Burghölzliwaldrand Ost am 21. April, 10. Mai und 1. Juni.

Aufwertung mit einzelnen Blumenstauden

Falls die Wiese bereits blumenreich ist und nur einzelne Arten fehlen, ist das Abdecken keine geeignete Methode, weil damit unter Umständen mehr zerstört als gewonnen wird. In diesem Fall empfehlen wir einzelne, “fehlende” Wiesenblumen durch eine Pflanzung einzubringen. Dazu wählt man die entsprechenden Wiesenblumen in einer bio-zertifizierten Wildstaudengärtnerei aus. Pro Art sollten mindestens drei besser fünf Pflanzen gekauft werden, da diese ja gegenseitig bestäubt werden müssen, um Samen zu bilden und sich in der Wiese auszubreiten. Idealerweise werden die Stauden im April oder ab September bis zur Vegetationsruhe im November in die Wiese gesetzt. Dazu wird vor dem Einsetzen ein Bereich von 50x50cm mit der Handsichel für jede Wildstaude gemäht und die Pflanze dann in die Mitte gesetzt. In den kommenden Wochen sollte das Aufwachsen beobachtet werden und die neu gepflanzte Art unter Umständen ein bis zweimal freigestellt werden. Im Pflanzjahr sollten die neuen Wildstauden versamen und müssen deshalb bei der Mahd unter Umständen ausgespart werden. Ab dem zweiten Jahr kann die Wiese normal gemäht werden.

 

Durch die Pflanzung einzelner Wildstauden haben wir am Burghölzliwaldrand unter anderem den Wiesen-Salbei und die Saat-Esparsette erfolgreich eingebracht.

Aufwertung mit Klappertopf

Der Klappertopf kann genutzt werden, um in einer sehr grasdominierten Wiese Platz für die Blumen zu schaffen und die Gräser zu dezimieren. In der Landwirtschaft ist die Art eher unbeliebt, weil für die graslandbasierte Fütterung das Gras den Grossteil der Biomasse ausmacht. Im Garten oder auf einer Naturförderfläche, wo der Heuertrag keine Rolle spielt, kann sie aber wertvolle Dienste leisten. Der Klappertopf (Rhinanthus sp.) ist eine halbparasitisch lebende Pflanze, die vor allem an die Wurzeln von Gräsern andockt und ihnen Wasser und Nährstoffe entzieht. Dadurch werden die Gräser geschwächt, sterben mit der Zeit ab und verschwinden immer mehr aus der Wiese. Kleinräumig kann der Klappertopf zu einem fast vollständigen Verschwinden der Gräser in einer Wiese führen. Allerdings handelt es sich beim Klappertopf um eine einjährige Art. Durch einen Schnitt während der Vollblüte kann man ihn einfach wieder reduzieren. Gleichzeitig verschwindet er auch selbst wieder, wenn keine Gräser mehr da sind, an denen er schmarotzen kann. In die durch den Klappertopf entstehenden Lücken können einzelne Stauden gepflanzt oder kleinflächig angesät werden. Um den Klappertopf in die Wiese zu bringen, sammelt man die reifen Samen, wenn der Samenstand schön klappert und bringt sie in der Wiese aus. Die Samen sind Kaltkeimer. Sie werden also erst im nächsten Frühling keimen und man sieht nicht sofort einen Klappertopf aufwachsen. Manchmal braucht es auch mehr als einen Anlauf bis sich der Klappertopf in einer Wiese etabliert.

 

Der Klappertopf bereichert durch die gelben Blüten die Wiese farblich und ist auch bei den Wildbienen beliebt. Unten rechts sind reife Samenstände.

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