Wiesenbewirtschaftung

Wiesenbewirtschaftung im Siedlungsraum

Ein bedeutender Teil der Tiere im Siedlungsraum ist auf artenreiche Wiesen angwiesen. Deren sinnvolle Bewirtschaftung ist entscheidend, um möglichst vielen Arten einen Lebensraum zu bieten.  Aus diesem Grund haben wir mit der Unterstützung des WWF Zürich ein Faltblatt und ein ausführliches Merkblatt erstellt.

Im Ornis, der Zeitschrift von BirdLife Schweiz, ist im August 22 ein Artikel zur Wiesenbewirtschaftung erschienen, den unser Geschäftsführer Jonas Landolt geschrieben hat. Darin sind viele weitere Tipps und Informationen zu finden.

Gedrucktes Faltblatt

Das Faltblatt kann in kleineren Mengen (bis 10 Stück) kostenlos bei uns bestellt werden. Bitte Adresse angeben!

Ausführliches Merkblatt Mähen

Detaillierte Informationen zu Mähzeitpunkten und Mähgeräten.

Die Bewirtschaftung einer bestehenden Wiese ist das Eine, die Aufwertung einer artenarmen, vergrasten Wiese oder die Neuanlage einer vielfältigen Wiese ist allerdings nochmals eine andere Herausforderung. Mittlerweile haben wir um den Burghölzlihügel verschiedene Wiesen neu erstellt oder aufgewertet. Im Herbst werden wir verschiedene Methoden zur Wiesenaufwertung zusammenstellen und in unserem Newsletter darüber berichten. Wer mehr darüber erfahren möchte, schreibt sich am einfachsten am Ende der Seite für unseren Newsletter ein.

Die neu angelegte Blumenwiese am Burghölzliwaldrand präsentiert sich im zweiten Jahr nach der Ansaat wunderbar. Foto: Jonas Landolt

Wiesenbewirtschaftung mit Tieren

Auch im Siedlungsraum werden grössere Wiesen regelmässig mit Traktoren gemäht. Zusammen mit den nachfolgenden Bewirtschaftungsgängen Zetten, Schwaden und Laden wird die gesamte Wiesenfläche mehrmals überfahren. Für alle Tiere, die sich dann noch nicht in Rückzugsstreifen in Sicherheit gebracht haben oder sich glücklicherweise in einer Vertiefung befinden, ist die Gefahr des Zerdrückt-Werdens gross. Die maschinelle Mahd der Wiesen bedeutet häufig für einen Grossteil der Wiesenbewohner den Tod. Aus diesem Grund sollte insbesondere in Naturschutzgebieten eine extensive Beweidung als alternative Bewirtschaftungsform geprüft werden. Im Siedlungsraum werden Wiesen am ehesten mit Schafen beweidet, davon raten wir aber in den meisten Fällen ab. Der Grund dafür liegt im Fressverhalten der Schafe. Diese sind Feinschmecker und fressen am liebsten die Blumen in der Wiese. Insbesondere die für Bläulinge und Wildbienen besonders wichtigen Schmetterlingsblütler werden von Schafen gezielt gesucht, aber auch Korbblütler und weitere Kräuter werden sehr gerne gefressen. Nur die Lippenblütler sind auf Grund der häufig vorhandenen ätherischen Öle weniger beliebt. Die Folge dieser Fressgewohnheiten: Die regelmässig mit Schafen beweideten Flächen werden blumenarm und die Gräser dominieren, ungern gefressene Gräser wie beispielsweise der Rohrschwingel (Festuca arundinacea) nehmen zu. Mit einem guten Weidemanagement können diese negativen Effekte teilweise verhindert werden. Weitere Informationen zur Schafbeweidung. Für die Wiesen im Siedlungsraum empfehlen wir deshalb in erster Linie die Sense und die Bildung einer lokalen Sensengruppe. Grössere Flächen sollten mit dem Balkenmäher gemäht werden und auch für die nachfolgenden Bewirtschaftungsgänge sind möglichst kleine, leichte Maschinen zu empfehlen.

In einer wirklich extensiven, idealerweise ganzjährigen Beweidung mit alten Pferde- und Rinderrassen liegt aber vermutlich eines der grössten ungenutzten Potentiale im Naturschutz. Eine Idee weshalb das so ist, gibt möglicherweise bereits der nachfolgende Exkurs zur Geschichte unserer Wiesenarten. Weiter möchten wir auf einen vielleicht etwas provokativen, aber sehr informativen Vortrag von Herbert Nickel verweisen. Ein Beweidungsprojekt in Südengland zeigt, was möglich wäre. In ihrem Buch “Wilding” beschreibt Isabella Tree, wie sich ihr Land durch die Beweidung verändert hat. Das Buch ist auf english und deutsch erhältlich. In einem Kurzvortrag (englisch) zeigt Isabella Tree einige Eindrücke. Zuletzt noch ein Hinweis auf einen Vortrag von Frans Vera zur Waldgeschichte auf englisch (besser und ausführlicher) oder deutsch. Der Wald war früher auch sehr viel stärker mit Weidetieren verbunden, als uns heute bewusst ist.

Wiesengeschichte

Im Naturschutz schaut man gerne zurück auf vergangene Jahrzehnte. Die Artenvielfalt von Wiesen wird als Produkt der regelmässigen Mahd angesehen, schliesslich hat man sie in den vergangenen Jahrzenten so bewirtschaftet. Aber ist dieser Referenzpunkt richtig gesetzt? Müssten wir nicht etwas weiter zurückblicken, um den Ursprung der Artenvielfalt heutiger Mähwiesen und die Implikationen für deren Pflege zu verstehen? Nach dem Rückzug der Gletscher am Ende der letzten Eiszeit waren grosse, wilde Pflanzenfresser wie Waldwisent, Auerochse, Wildpferd und Elch, neben den heute noch vorkommenden Arten, flächendeckend in Mitteleuropa vorhanden und hatten vermutlich einen prägenden Einfluss auf die Vegetation. Bereits diese wilden Grossherbivoren erschufen durch ihre Frasstätigkeit Wiesen- beziehungweise Weide-ähnliche Vegetationen. Durch den Menschen wurden diese grossen Pflanzenfresser in weiten Teilen Mitteleuropas ausgerottet. Ihre ökologischen Funktionen wurden jedoch durch domestizierte Weidetiere zumindest teilweise übernommen. Seit ungefähr 7500 Jahren gestalten unsere Nutztiere die Landschaften Mitteleuropas und schuffen die Lebensräume für viele unserer heutigen Wiesenarten. Auch wenn die frühesten Wiesen bereits vor ca. 2000 Jahren gemäht wurden, begann der eigentliche Wiesenbau in Mitteleuropa erst vor ungefähr 1000 Jahren auf kleineren, besonders nährstoffreichen Teilen, die vor und nach der Mahd ebenfalls beweidet wurden. Bis vor rund 200 Jahren prägte die naturnahe Beweidung nahezu unsere gesamte Kulturlandschaft. Erst dann gab es einen deutlichen Bruch durch das Ende der grossflächigen Allmende inklusive Waldweide, die Erfindung des Feldfutterbaus mit Leguminosen und der Einführung der ganzjährigen Stallfütterung der Nutztiere. Einen zweiten Bruch gab es mit der Industrialisierung der Landwirtschaft vor ungefähr 50 Jahren durch künstlich herstellbaren Dünger, Pestizide und eine verstärkte Mechanisierung. Häufig blicken wir im Naturschutz auf die Zeit vor dieser Intensivierung zurück und nehmen diesen Zustand als Referenzwert. Dabei vergessen wir, dass insbesondere die faunistische Artenvielfalt auf unseren Wiesen und in der Landschaft allgemein vor allem auch ein Erbe der naturnahen Weide ist. Durch die Umstellung von der Weide- zur Mahdnutzung sind etliche Tierarten verschwunden und viele andere stark zurückgegangen. Die Artenvielfalt die heute noch in extensiv genutzten Wiesen zu finden ist, gilt es durch eine differenzierte Pflege zu erhalten. Dazu gehört auch zu überlegen, ob eine Bewirtschaftung mit Tieren nicht förderlicher wäre, insbesondere für die Fauna.

Wiesenbewirtschaftung im Blog