Vielfältige Nistweisen

Hohlraumnister

Hohlraumnister

Die meisten hohlraumnistenden Wildbienen legen ihre Nester in bereits vorhandenen hohlen Gängen an. In der Natur finden sie Nistplätze in Käferfrassgängen im Totholz oder in hohlen Pflanzenstängeln. Das Spektrum der hohlraumnistenden Arten reicht von den grossen frühfliegenden Gehörnten und Rostroten Mauerbienen (Osmia cornuta & Osmia bicornis) bis zu kleinen sommerfliegenden Arten wie der Gemeinen Löcherbiene (Heriades truncorum). Verschiedene Hohlraumnister treten also verteilt über das ganze Jahr auf und nutzen ihrer Grösse entsprechend Gänge von unterschiedlichem Durchmesser.

     

    Die Gewöhnliche Löcherbiene (Heriades truncorum) verschliesst ihr Nest.

     

    Nisthilfen für Hohlraumnister

    Einige hohlraumnistende Wildbienenarten besiedeln auch künstliche Nisthilfen. Der Wert dieser klassischen Nisthilfen für die Wildbienenförderung muss allerdings relativiert werden. Oft werden die Wildbienenhäuschen mit ungeeigneten oder zu einseitigen Materialien ausgestattet und falsch platziert. Doch auch bei richtiger Herstellung und Anwendung nützt diese Art von Nisthilfe nur wenigen Arten, wovon die meisten schon sehr häufig sind. Um eine grössere Vielfalt an Wildbienen zu fördern, sollten auch andere Niststrukturen und insbesondere Nistplätze für Bodennister angelegt werden. Zudem sind Nisthilfen nur nützlich, wenn in der näheren Umgebung auch ein diverses, kontinuierliches und üppiges Blütenangebot vorhanden ist.  

    Hier finden Sie eine Replik zu kommerziell angebotenen «Beehomes», die kaum etwas zur Biodiversitätsförderung beitragen.  

    Obwohl klassische Nisthilfen nur einen begrenzten Beitrag zur Förderung der Wildbienen leisten, bieten sie spannende Möglichkeiten zur Beobachtung hohlraumnistender Arten. Wichtig ist, dass sie richtig gebaut sind und auch die Nahrung für den Wildbienennachwuchs nicht vergessen geht. Unter Beachtung der folgenden Punkte können Sie mit einfachen Mitteln selbst eine Nisthilfe für Hohlraumnister herstellen: 

    Platzieren von Nisthilfen   

    – sonnig und nach Möglichkeit trocken oder überdacht
    – Ausrichtung nach Süden bis Osten
    – offene Anflugmöglichkeit beachten
    – nicht direkt am Boden, für einfache Beobachtung optimalerweise auf Augenhöhe
    – besser mehrere kleine Nisthilfen im Garten verteilt als ein grosses zentrales «Wildbienenhaus», um starkem Parasitenbefall vorzubeugen

    Nisthilfe: Hartholz mit Bohrgängen  

    – unbehandeltes und entrindetes Hartholz von Laubhölzern (z.B. Esche, Buche, Hainbuche, Eiche)
    – Stammholz und dickere Äste oder zugeschnittene Holzblöcke
    – gut abgelagertes Holz, um Rissbildung zu vermeiden
    – waagrechte Bohrungen mit scharfem Holzbohrer
    – Bohrungen immer senkrecht zur Holzmaserung, also ins Längsholz wo vorher die Rinde war
    – immer so tief wie möglich bohren
    – Bohrungen müssen hinten verschlossen bleiben
    – mit unterschiedlichen Durchmessern bohren: 25% 2-3 mm, 50% 4-7 mm, 25% 8-9 mm
    – Mindestabstand von 2 cm zwischen den Bohrungen
    – abstehende Fasern an Bohreingängen mit Schleifpapier entfernen, um Verletzungen der zarten Bienenflügel zu vermeiden 

    Alternativ zu Bohrlöchern können auch hohle Pflanzenstängel von Schilf oder Bambus verwendet werden. Es gilt dabei ebenfalls zu beachten, dass die Eingänge nicht ausfransen, die Stängel hinten verschlossen sind und dass Stängel mit unterschiedlichem Innendurchmesser angeboten werden.

    Nicht geeignet sind: 

    – Die Verwendung von faserigem oder weichem Holz, insbesondere Nadelholz
    – Tannenzapfen, Stroh, Schneckenhäusern oder Rinde. Diese Materialien werden in einer Nisthilfe nicht von Wildbienen genutzt.

    Erhalt und Aufwertung bestehender Totholzstrukturen

    Da die meisten Hohlraumnister natürlicherweise Käferfrassgänge besiedeln, sollten Totholzstrukturen generell erhalten werden (siehe Morschholznister). Das Nistplatzangebot in abgestorbenen Bäumen und anderen Holzstrukturen kann wie oben beschrieben durch künstliche Bohrlöcher erhöht werden.

    Ein Totholzstapel bietet Unterschlüpfe für Kleintiere und Nistmöglichkeiten für Wildbienen.

    Spaltennister

    Einige hohlraumnistende Bienen bauen ihr Nest in Erd-, Fels- und Mauerspalten. Dazu suchen sie vorhandene Spalten beispielsweise zwischen den Steinen einer unverfugten Mauer. Diese kleiden sie mit gesammeltem Pflanzenmaterial aus, um darin ihre Brutzellen anzulegen. Die auch im Siedlungsraum verbreitete Spalten-Wollbiene (Anthidium oblongatum) nutzt dafür Pflanzenhaare, die sie von stark behaarten Pflanzen wie Königskerzen abschabt und zu «Pflanzenwolle» verarbeitet. 

    Nisthilfen für Spaltennister

    Spaltennister finden im Naturgarten diverse Nistmöglichkeiten: In einer trockenen Erdritze, zwischen zwei aufeinanderliegenden Steinen oder in einer Spalte im Gemäuer. Besonders wertvoll sind Trockenmauern, die neben zahlreichen anderen Kleintieren wie Eidechsen auch spaltennistenden Wildbienen zu Gute kommen.

    Schneckenhausnister

    Einige besonders spezialisierte hohlraumnistende Wildbienen legen ihre Brutzellen nur in leeren Schneckengehäusen an. Zwei dieser Arten, nämlich die kleinere Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia bicolor) und die etwas grössere Goldene Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia aurulenta), sind auch im Siedlungsraum anzutreffen.

    Nisthilfen für Schneckenhausnister

    Schneckenhaus-Mauerbienen scheinen ganz besondere Vorstellungen vom geeigneten Niststandort zu haben. Deshalb macht es keinen Sinn, eine Ansammlung von Schneckengehäusen an einer beliebigen Stelle im Garten anzubieten. Vielmehr sollte den Mauerbienen eine Auswahl geboten werden:  

    • mittelgrosse bis grosse Schneckengehäuse (z.B. von Hain-Bänderschnecken, Gefleckten Schnirkelschnecken oder Weinbergschnecken)
    • Gehäuse einzeln und mit der Öffnung nach unten am Boden platzieren
    • trockenwarme und sonnenbegünstigte Stellen
    • halboffene Bodenstellen, weder ganz vegetationsfrei noch komplett überwachsen
    • nicht voll exponiert, sondern leicht versteckt z.B. am Fuss eines Grashorstes oder unter einem aufliegenden Stein
    • in einer Nisthilfe machen Schneckenhäuser keinen Sinn

    Hummeln

    Hummeln sind Wildbienen mit sozialer Lebensweise. Hummelköniginnen bauen im Frühjahr eine einjährige Kolonie mit zahlreichen Arbeiterinnen auf, aus der im Sommer bis Herbst frische Königinnen hervorgehen. Diese Jungköniginnen suchen einen geschützten Platz zum Überwintern und starten den Zyklus im nächsten Frühjahr von neuem.

    Als Behausung für ihre Kolonien nutzen Hummeln allerlei grössere Hohlräume an trockener und geschützter Lage. Während manche Hummelarten bei der Wahl des Nistplatzes wenig wählerisch sind, zeigen andere Arten klare Vorlieben:

    • Unterirdisch nistende Arten wie die Helle Erdhummel (Bombus lucorum) besiedeln bevorzugt verlassene Mäusenester, welche sie mit den Hinterlassenschaften der Mäuse und zusätzlich eingebrachtem Gras, Laub und Moos auskleiden.
    • Oberirdisch nistende Arten wie die Baumhummel (Bombus hypnorum) siedeln stets über der Erde in Baumhöhlen, verlassenen Vogelnistkästen oder Eichhörnchennestern.
    • Arten wie die Veränderliche Hummel (Bombus humilis) bauen ihr Nest direkt an der Erdoberfläche in der Streuschicht zwischen Altgras, Laub oder Moos.
    • Schmarotzerhummeln parasitieren Nester anderer Hummeln. Ihr Vorkommen ist daran gebunden, dass ihre Wirtshummeln genügend Nist- und Nahrungsressourcen finden.
    Geöffnetes Bodennest der Gartenhummel (Bombus hortorum).

    Nisthilfen für Hummeln

    Im Internet finden sich Bauanleitungen und Kaufangebote für Hummelnistkästen. Bei richtiger Herstellung und Verwendung werden diese mit etwas Geduld von häufigen Arten besiedelt. Spezielle Vorrichtungen wie eine Hummelklappe am Nistkasteneingang schützen das eingezogene Volk sogar vor Schmarotzerhummeln und anderen Parasiten.  Solche Kästen bieten eine tolle Möglichkeit, um Hummeln zu beobachten. Wer allerdings einen wertvollen Lebensraum für verschiedene Hummelarten schaffen möchte, in dem auch die natürliche Begleitfauna der Hummeln einen Platz findet, sollte eine naturnahe Garten- und Umgebungsgestaltung anstreben.

    Kleinstrukturen im Garten bieten Unterschlupf für Kleinsäuger, deren Nester von verschiedenen Hummelarten nachgenutzt werden. Andere Hummeln finden in einer unaufgeräumten Ecke einen Nistplatz im Altgras oder in der Streuschicht aus Laub und Moos. Alte Bäume und Vogelnistkästen nützen den oberirdisch nistenden Hummeln. Im Garten besiedeln manche Arten auch Komposthaufen, Mauerspalten oder geeignete Hohlräume an und in Gebäuden – im Keller, Dachboden oder Gartenschuppen. Darüber hinaus brauchen die Hummelvölker ein ganzjähriges Blütenangebot in der näheren Umgebung, ohne dass sie auch bei vorhandenem Nistplatzangebot nicht leben können.

    Impressum

    Texte: Philipp Heller
    Mitarbeit: Kiki Velychko, Jonas Landolt, Christine Dobler Gross
    Fotos: Christine Dobler Gross, Albert Krebs

    Beispiele von Hohlraumnister

    Aktuelles

    Die Geschichte der Sensengruppe

    Die Geschichte der Sensengruppe

    Am 1. Juli 2013 wurde die Sensengruppe im Anschluss an einen Sensenkurs im Obstgarten des Quartierhofs Wynegg gegründet, die Idee dazu entstand aus einem WWF-Projekt heraus.
    10 Jahre später wurde die Gruppe vollständig in NimS integriert.

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