Nisthilfen
Zusammen mit dem Botanischen Garten Zürich haben wir die dortigen Nisthilfen für Wildbienen und solitäre Wespen beispielhaft aufgewertet. Die neuen Strukturen sind nun bereit, von den entsprechenden Insekten bezogen zu werden und Besuchende für die Anlage von Nistgelegenheiten im eigenen Garten zu inspirieren.
Schon lange steht im Botanischen Garten der Universität Zürich, an prominenter Stelle oberhalb des Mittelmeergartens und neben dem Ausblick auf den Teich und die Gewächshauskuppeln eine Installation für Wildbienennisthilfen. Seit einiger Zeit wurden diese Nisthilfen aber vernachlässigt und büssten dadurch an Attraktivität für potentielle Besiedler ein. Unsere Idee, diese Anlage beispielhaft aufzuwerten, stiess beim Botanischen Garten auf offene Ohren. So konnten wir zusammen das „Wildbienenhaus“ im Laufe des Jahres 2023 mit neuen Nistgelegenheiten bestücken und warten nun gespannt, welche Arten das optimierte Angebot annehmen werden.
Nisthilfen für Wildbienen werden kontrovers diskutiert. Gutgemeinte Bastelfreude im Dienste vermeintlichen Naturschutzes stehen ernüchternde Stimmen aus der Fachwelt gegenüber (hier z.B. eine deutliche Kritik an Nisthilfen). Tatsächlich ist der Nutzen üblicher „Insektenhotels“ aus naturschützerischer Sicht vernachlässigbar, es nisten hier nur wenige, sowieso schon häufige Arten. Will man selteneren Arten Gutes tun, braucht es mehr als bloss ein paar Bambusrohre oder Bohrungen in Holz. Infos zu guten Nistgelegenheiten findet man z.B. hier.
Auch wenn es viel sinnvoller ist, den Wildbienen natürliche Nistplätze zu ermöglichen (z.B. offene Bodenstellen und Totholzstrukturen), wollten wir die Aufwertung der Nisthilfen im Botanischen Garten trotzdem in Angriff nehmen, ganz nach dem Motto „wenn schon, denn schon“. Denn wenn schon Nisthilfen, dann solche, die etwas taugen. Zudem bietet sich hier eine ideale Möglichkeit, verschiedene Arten bei den Nistaktivitäten zu beobachten. Vorbildlich ist zudem die Einbettung in eine Umgebung mit sehr artenreicher Vegetation und somit grossem Blütenangebot. Denn es nützt der beste Nistplatz nichts, wenn rundherum die Pollenquellen fehlen.
Nachfolgend werden einige Elemente der Nisthilfen-Anlage im Botanischen Garten etwas näher vorgestellt.
Angebote für Hohlraumnister
19% unserer Wildbienen nisten in vorhandenen Hohlräumen. In der Natur finden sie diese in Form von verlassenen Käferfrassgängen in Holz, in hohlen Stängeln, Felsspalten, Erdritzen und Schneckenhäuschen. Die Käferfrassgänge lassen sich durch Bohrungen in Hartholz imitieren. Wichtig ist, auch Bohrlöcher mit kleineren Durchmessern von 2 bis 4mm anzubieten, die meisten der üblichen Nisthilfen sind mit 5 bis 8mm leider nur auf grössere Arten (v.a. zwei häufige Mauerbienenarten) ausgerichtet. Die Bohrungen sollten sauber ausgeführt werden, die Löcher frei von Splittern und Spänen sein. Etwa das gleiche Artenspektrum, das in Hohlräumen im Holz nistet, nutzt zum Nestbau auch dürre hohle Pflanzenstängel. Diese können gebündelt in horizontaler Lage angeboten werden. Es ist darauf zu achten, dass das hintere Stängelende verschlossen ist. Und auch hier sollten verschiedene Durchmesser vorhanden sein.
Weitere Infos zu Hohlraumnistern.
Angebote für Morschholznister
Nur sehr wenige Bienenarten nagen ihre Nester selber in Totholz, am bekanntesten dürfte die imposante Blauschwarze Holzbiene sein. Für den Nestbau wird weissfaules Holz bevorzugt. Entsprechende Aststücke können an einem sonnigen, etwas geschützten Ort aufgestellt werden und den darauf spezialisierten Arten als Kinderstube dienen.
Dürre Brombeerruten
Angebote für Markstängelnister
Auch in dürren Markstängeln nisten nur wenige, aber darauf spezialisierte Arten. Da solche Strukturen meistens unserem Ordnungssinn zum Opfer fallen, herrscht bei diesen Bienen akute Nistplatzknappheit. Im Garten lässt sich dieser Mangel beheben, in dem dicke (ab ca. 1cm Durchmesser) markhaltige Stängel (z.B. dürre Brombeerruten, Königskerzen, Klette, Kugeldistel) in etwa 50cm lange Stücke geschnitten werden und einzeln (nicht gebündelt!) in vertikaler Ausrichtung an den Gartenzaun gebunden oder in Lochziegel gesteckt werden.
Nisthilfen aus lehmhaltigem Sand
Angebote für Steilwandnister
Steilwände entstehen in der Natur bei Hanganrissen oder an Prallhängen entlang unkorrigierter Fliessgewässer. Diese unbewachsenen, steilen Bodenstellen sind nicht nur für seltene Vogelarten (Uferschwalbe, Eisvogel, Bienenfresser) ein wichtiger Nistplatz, auch Insekten nutzen solche Strukturen für ihr Brutgeschäft. Im kleinen Rahmen kann man solche Steilwände nachbilden, in dem Kisten mit lehmigem Sand gefüllt und senkrecht positioniert werden. Das Substrat darf im trockenen Zustand nicht zu hart werden, sondern muss von den grabenden Bienen-und Wespenarten zu bewältigen sein.
Sand für im Boden nistende Arten
Angebote für Erdnister
Über die Hälfte unserer Wildbienen nistet im Erdreich, in unterschiedlichen Bodenarten. Besonders beliebt sind offene, sandige Stellen. Manche Arten bevorzugen lockeren Sand, andere nisten gerne an verdichteten Stellen, z.B. in Trampelpfaden. In der untersten Etage unserer Nisthilfensammlung haben wir eine regengeschütze Sandböschung als Nistplatz aufgeschüttet. An anderer Stelle im Botanischen Garten (am Gehölzrand beim Heilpflanzengarten) befindet sich ein Sandhaufen, der ebenfalls als Nistplatz für Insekten geschaffen wurde.
Weitere Infos zu Bodennistern.
An den Wildbienennisthilfen werden auch andere Insekten zu beobachten sein. Mehrere solitäre Wespenarten nutzen die gleichen Strukturen zur Anlage ihrer Nester. Interessant sind auch die vielen Gegenspieler, die sich an den Nistplätzen einfinden. Verschiedene Kuckucksbienen, Goldwespen, Keulenwespen, Gichtwespen, Taufliegen, Trauerschweber, Ölkäfer etc. profitieren von der vorhandenen Brut ihrer Wirtsarten und führen uns so ökologische Zusammenhänge vor Augen.
Wildbienen sind übrigens nicht angrifflustig und stechen höchstens, wenn sie akut bedroht werden. Man kann also unbesorgt aus nächster Nähe dem Treiben an den Nisthilfen zuschauen. Viel Vergnügen!
Grosser Dank gebührt Elisabeth Schneeberger, Dario Meissner und Evelin Pfeifer vom Botanischen Garten der Universität Zürich, die interessiert und motiviert die Aufwertung der Nisthilfen möglich gemacht haben.
Text: Dani Pelagatti
Fotos: Christine Dobler Gross
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